ETHistory 1855-2005

030109071501


Lilith-Workstation

Die Lilith war weltweit eine der ersten Workstations mit einem hochauflösenden grafikfähigen Bildschirm und einer Maus. Sie wurde von Niklaus Wirth und seiner Gruppe zwischen 1978 und 1980 entwickelt, als Hardware-Spezialist wurde der Amerikaner Richard Ohran hinzugezogen. Das Vorbild der Lilith war der Alto-Computer im Xerox PARC-Forschungszentrum in Kalifornien, mit welchem Wirth in seinem Forschungsurlaub 1976/77 gearbeitet hatte. Der Alto-Computer konnte nicht gekauft werden, einzig eine Computermaus hatte Wirth damals als Abschiedsgeschenk bekommen.

Die gesamte Systemsoftware der Lilith war in Modula-2 geschrieben, eine strukturierte Programmiersprache, die Wirth zur selben Zeit entwickelte. Die Programme wurden in low-level M-Code-Instruktionen compiliert, welche von der Hardware ausgeführt werden konnten. Als Benutzerinterface wurden Fenster, Icons und Popup-Menus verwendet, im Vergleich zu den damaligen textbasierten Systemen waren dies neue Metaphern im Umgang mit Computern.

Die Lilith-Computer wurden sowohl in der Lehre - ein Hauptgrund für die Entwicklung der Lilith - als auch in der Verwaltung des Instituts für Informatik verwendet. Zudem bildete die Workstation eine Basis, auf der verschiedene andere Forschungsprojekte aufbauten. Ein Versuch zum kommerziellen Bau dieses Computers scheiterte 1982, obwohl die Lilith bereits zu diesem Zeitpunkt über alle Merkmale verfügte, die dann 1985 den ersten Macintosh auszeichneten.

Auf den Namen "Lilith" war Wirth durch einen Freund gekommen, der ihm von einer männerverführenden Dämonin erzählte, die diesen Namen trug. Wirths Gruppe arbeitete auch Nachts und am Wochenende an der eigenen Workstation und  war buchstäblich verführt worden.

Die Lilith bewährte sich während den 1980er Jahren bei der täglichen Arbeit wie in der Lehre. Die wachsenden Anforderungen gingen aber auch an ihr nicht spurlos vorüber, und so wurde die Workstation am Institut laufend weiterentwickelt. Die Forschungsinteressen an diesem Projekt lagen aber mehr auf der Integration moderner Hardware-Komponenten. Zusammen mit Hans Eberle, später mit Beat Heeb, baute Wirth ab 1984 die Ceres-Linie, mit der er einige Jahre später den ersten 32-Bit-Rechner präsentierte. 1990 wurde die zweite und letzte Revision der Serie - die Ceres-3 - in grösserer Stückzahl in der Schweiz produziert und damit Computerräume ausgestattet. Parallel zur Entwicklung der Ceres-Linie fand insbesondere der Umstieg auf Oberon als Unterrichtssprache für das Programmieren sowie auch als Betriebssystem statt.


© 2005 ETHistory 1855-2005 | Last update: 15.4.2005 |
!!! Dieses Dokument stammt aus dem ETH Web-Archiv und wird nicht mehr gepflegt !!!
/rueckblicke/departemente/dinfk/forschung/weitere_seiten/lilith/index_DE/popupfriendly/