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Politkarrieren

 
   
           
 

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Forschungsförderung als Beschäftigungspolitik

Zwischen Herbst 1941 und Sommer 1942 wurde das Projekt eines "schweizerischen Nationalfonds" erstmals diskutiert. Die ETH war an dessen Entstehung wie auch an dessen Scheitern wesentlich beteiligt.

Die Anfänge einer schweizerischen Forschungspolitik entstanden in einer Krisensituation: Im Rahmen der ausserordentlichen Massnahmen zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise, die in der Zwischenkriegszeit unter dem Namen "Arbeitsbeschaffung" eingeführt wurden, bemühte sich der Bundesrat erstmals um eine Koordination der Forschungsförderung. Schon bei den ersten Krediten für Arbeitsbeschaffung, die in den 1930er-Jahren ausgesprochen wurden, erhielt die Förderung der technischen Forschung eine besondere Zuwendung, "um durch eine solche Förderung einerseits die Industrie zu befruchten und gleichzeitig qualifizierte Arbeitsgelegenheit für Techniker zu schaffen" (Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über Arbeitsbeschaffung und andere Krisenmassnahmen vom 9. Oktober 1934). Mit den Zuschüssen an die wissenschaftliche und technische Forschung verfolgte der Bund das doppelte Ziel, die Wirtschaft – insbesondere die Exportindustrie – anzukurbeln und gleichzeitig die Beschäftigungsmöglichkeiten für Wissenschaftler und Praktiker zu verbessern.

Auch das Konzept für einen "Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen und technischen Forschung", das im Herbst 1941 zur Diskussion stand, war Teil der krisenbedingten Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik. Es sollte hauptsächlich der Exportförderung und der Arbeitsbeschaffung dienen. Etwas anders gelagert waren hingegen die Interessen der ETH, die an diesem Entwurf für einen ersten schweizerischen Nationalfonds massgeblich beteiligt war. "Wir haben bisher jeweilen an der ETH inbezug auf wissenschaftliche Forschung von der Hand in den Mund gelebt. Beinahe täglich mussten wir irgend einem Institut in dringlicher Weise mit Hilfe eines Fonds Hilfe angedeihen lassen, damit es in bescheidenstem Rahmen seine Aufgaben weiter verfolgen kann", schilderte Schulratspräsident Arthur Rohn im Juni 1941 die Improvisationskünste, welche die damalige Forschungsfinanzierung von allen Beteiligten verlangte.
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"Forschung von heute bedeutet Arbeit für morgen": Illustration in einer Broschüre des Delegierten für Arbeitsbeschaffung für die Schweizer Mustermesse Basel, 1944.

Unter seinem Präsidium waren mehr als vierzig Forschungsinstitute und Laboratorien sowie zahlreiche Fonds und Stiftungen für die Drittmittelakquisition gegründet worden. Im Arbeitsbeschaffungsprogramm sah Rohn die einzige Möglichkeit, in der Krisenzeit zusätzliche Staatsgelder zu mobilisieren. Mit einiger Überzeugungsarbeit gelang es ihm, die Professorenschaft, die um die Forschungsfreiheit fürchtete, hinter das Nationalfonds-Projekt zu scharen.

Im Frühjahr 1942 wurde unter der Federführung Rohns ein erster Statutenentwurf vorgelegt, in dem der Grundlagenforschung und der Nachwuchsförderung ein besonderes Gewicht zukam. Der "Nationalfonds", der zu diesem Zeitpunkt die Bezeichnung "zur Förderung der Arbeitsbeschaffung und des Exports durch wissenschaftliche Forschung" trug, sollte durch Gelder des Bundes, der Kantone und der Industrie finanziert werden und neben der ETH insbesondere den kantonalen Universitäten und der Handelshochschule St. Gallen zugute kommen. "In Zusammenarbeit mit dem Herrn Schulratspräsidenten wurde der Plan für eine Stiftung 'Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung' aufgestellt. Ihm lag der Gedanke zu Grunde, durch Sammlung von Beiträgen des Bundes, der Kantone, der Gemeinden und der privaten Wirtschaft eine Summe zusammenzubringen, deren Zinserträgnisse verstärkt durch freiwillige Zuwendungen zur Erfüllung des Zweckes ausgereicht hätte. Den Unterstützungen sollte das Odium der Subvention genommen und eine direkte Bundesintervention verhindert werden. Leider, und ich glaube dieses 'leider' ganz besonders betonen zu dürfen, scheiterte dieser Plan an Widerständen, die ausserhalb der Bundesverwaltung lagen […]", resümierte Otto Zipfel, Delegierter des Bundesrates für Arbeitsbeschaffung, im November 1945 auf der Generalversammlung der schweizerischen Hochschuldozenten das kurze Leben dieses ersten schweizerischen Nationalfondsprojekts.

Die föderalistische Angst vor einer Zentralisierung war aber nur einer der Gründe, die diese ersten Bemühungen für die Schaffung eines kantonsübergreifenden wissenschaftspolitischen Steuerungsinstruments zum Scheitern brachten. Neben dem befürchteten Autonomieverlust der kantonalen Institutionen war es vor allem die offensichtliche Begünstigung der ETH, die von den Partnerorganisationen nicht goutiert wurde. In einem Schreiben vom Juli 1942 kritisierten die Universitäten Bern, Basel und Zürich die Bevorzugung von Forschungszentren für Industrie und Landwirtschaft auf Kosten der auf Geisteswissenschaften und auf Medizin spezialisierten Institute. Auf die ausdrückliche Gleichbehandlung aller Wissenschaftsbereiche und den "Verteilschlüssel", welche die Universitätsvertreter verlangten, wollten hingegen die ETH und die Bundesbehörden nicht eintreten. Die Verhandlungen wurden eingestellt, trotzdem gingen nicht alle Beteiligten leer aus: An der ETH zumindest wurde im Herbst 1942 die Kommission für wissenschaftliche Forschung KWF gegründet – die Vorgängerin der heute beim Bund angesiedelten Kommission für Technologie und Innovation KTI –, welche die Beitragsgesuche an den Delegierten für Arbeitsbeschaffung fächerübergreifend koordinierte.

Es ist kein Zufall, dass die Annäherung zwischen wissenschaftlicher Forschung und politischen Behörden während der Kriegsjahre stattfand: Mit dem Aufruf zur militärischen, wirtschaftlichen und kulturellen Landesverteidigung verfolgte die damalige Regierung, die mit ausserordentlichen Vollmachten ausgestattet war, ein integrierendes Verteidigungsdispositiv, das die arbeitspolitischen Anliegen der Sozialdemokratie mit den Forderungen von wirtschafts- und industrienahen Organisationen zusammenbrachte.

Monika Burri

   
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