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Testfall "geistige Landesverteidigung"

Die Schweizerische Landesausstellung, die 1939 an der Ufern des Zürichsees stattfand, gilt als gelungene Verbindung von patriotischer Mobilmachung und technisierter Ausstellungsarchitektur. Bei der Inszenierung der multimedialen Gesinnungsschau half die ETH tatkräftig mit.

"Dem Besucher der Landesausstellung ist das E.T.H.-Signet in fast allen Hallen begegnet", hält der ETH-Jahresbericht von 1938/39 fest. "Zusammenfassend darf festgestellt werden, dass die E.T.H. und deren Lehrkräfte bereitwilligst in weitgehendem Masse und mannigfacher Weise beim grossen Werk der LA mitgewirkt haben." Tatsächlich zeigte sich die ETH an der vierten Schweizerischen Landesausstellung, die von Mai bis Oktober 1939 an den Ufern des Zürichsees stattfand und als professionell inszenierte und medialisierte Gesinnungsschau ins kollektive Gedächtnis einging, auffällig engagiert und präsent. Zum einen war die ETH "als Ganzes" im Hochschulpavillon vertreten und präsentierte dort unter dem Motto "Wir lehren, wir forschen, wir konstruieren" anhand von Grafiken, Modellen und Maschinen "grundlegende Tätigkeiten der Hochschule".

Zum anderen waren einzelne Institute und Laboratorien an nahezu allen Abteilungen der thematisch organisierten Pavillonlandschaft beteiligt. Neben patriotisch aufgeladenen Schaustücken, wie etwa dem geologisch-tektonischen Gesamtrelief der Schweiz, das aus der Werkstatt des ETH-Professors Eduard Imhof stammte und die Besucher auf den als nationales Kraftzentrum konzipierten "Höhenweg" einstimmte, beeindruckte die eidgenössische Forschungshochburg vor allem mit einer Reihe selbst entworfener Techniksensationen. Dazu zählte der nach Plänen von Paul Scherrer gebaute Tensator, einer der ersten Teilchenbeschleuniger Europas, weiter die avantgardistische "Fernseh-Sendeapparatur" des Instituts für Hochfrequenztechnik oder das Modell einer entgleisungssicheren "Ultraschnellbahn" von Maschinenbau-Professor Kurt Wiesinger in der "Halle für Bahnverkehr".
ETH-unterstützte Vergnügungstechnik: Der
ETH-unterstützte Vergnügungstechnik: Der "Schifflibach" der Landi 39 auf dem Weg durch einen der spektakulären Industriepavillons.

Die Omnipräsenz der ETH an der LA 39, vom Bund grosszügig finanziert, unterschied sich deutlich von den kleinräumigen Institutsauftritten an den vorangegangenen Landesausstellungen. Es liegt nahe, die Eingliederung der einzelnen Institute und Dozenten in das staatlich dominierte Ausstellungskonzept als pflichtbewussten Vaterlandsdienst auszulegen. Mit der so genannten "Kulturbotschaft" des Bundesrates lag Ende 1938 erstmals in der Geschichte der Schweiz ein Positionspapier vor, das die "Organisation und Aufgaben der schweizerischen Kulturwahrung und Kulturwerbung" festhielt. Das unter der Federführung des katholisch-konservativen Philipp Etter verfasste Propagandakonzept listete nach kulturellen Sparten geordnete Sendungsaufgaben auf und sah in der modernen Ausstellung eines der wichtigsten "Mittel der Gesinnungswerbung". Dass die LA 39 zum Testfall für die Realisierung der Idee der "geistigen Landesverteidigung" werden musste, versteht sich von selbst. Aus diesem Blickwinkel erschliesst sich auch das auffällige Zusammentreffen von traditionellen und modernen Elementen, von Trachtenfrauen und Coray-Stühlen, von bodenständiger Flaggenparade und avantgardistischen Modepavillons.

Dass diese gegensätzliche Symbolik in der LA 39 zu einer einigermassen homogenen Synthese fand, hat nicht zuletzt mit der Technisierung und Ästhetisierung des Ausstellungswesens zu tun. Die programmatisch "unheroische", in "zeitgemäss schweizerischer" Leichtbauweise ausgeführte Pavillongestaltung umfing die Heimatfeier mit einer heiter-beschwingten Atmosphäre und sorgte für den wiederholt hervorgehobenen "einheitlichen Eindruck". Die "Architektur des menschlichen Massstabs", die dem nationalistischen Monumentalismus der Weltausstellung von Paris 1937 entgegengehalten wurde, hatte als "Landistil" eine prägende Wirkung. Die obersten Ausstellungsmacher wurden im Anschluss an die symbolträchtige Veranstaltung geehrt. Der Ausstellungsdirektor Armin Meili erhielt die Ehrendoktorwürde der ETH Zürich, der Chefarchitekt Hans Hofmann eine Professur an der Architekturabteilung.

"Die Schweiz - Ferienland der Völker": Ausschnitt aus dem Wandbild von Hans Erni für den Tourismuspavillon der Landesausstellung 1939.
"Die Schweiz - Ferienland der Völker": Ausschnitt aus dem Wandbild von Hans Erni für den Tourismuspavillon der Landesausstellung 1939.

Auch bei den Vergnügungs-, Besichtigungs- und Transporttechniken, welche die Welt- und Landesausstellungen seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert zu Erlebniswelten zusammenfügten, mischte die ETH tatkräftig mit: Der "Schifflibach" beispielsweise, der künstliche Besichtigungskanal, der die Hallen und Gärten des linksufrigen Ausstellungsgeländes durchzog, wurde von der Versuchsanstalt für Wasserbau der ETH entworfen und dort auch in Modellgrösse getestet. "Der wissenschaftliche Geist der Zusammenarbeit, der sachlichen Diskussion, des unermüdlichen Suchens nach Wahrheit und Recht", die patriotische Botschaft der ETH, die der Petrographie-Professor und vormalige Rektor Paul Niggli an der LA 39 würdig vertreten sah, wurde nicht zuletzt durch eine ETH-gestützte Infrastruktur wirkungsvoll transportiert. Mit ihrem engagierten szenografischen Einsatz war die bundesstaatliche Eliteschule ihrem Auftrag zum national homogenisierenden Infrastrukturausbau einmal mehr nachgekommen.

Monika Burri

   
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