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Die Einbettung des Polytechnikums in die schweizerische Schullandschaft

Um den Betrieb am Polytechnikum in Gang zu bringen, musste nicht nur die schulinterne Belegschaft tätig werden. Anpassungen wurden auch von den gymnasialen und technischen Mittelschulen verlangt.

Da in den ersten beiden Schuljahren die Zahl der Bewerber stockte, sah sich der Schulrat gezwungen, die Aufnahmebedingungen etwas zu entschärfen. Die verlangte Vorbildung variierte je nach Studienfach und umfasste genau festgelegte Grundkenntnisse in Arithmetik und Algebra, Geometrie, Darstellender Geometrie, Praktischer Geometrie, Mechanik, Zeichnen, Physik, Chemie und Naturgeschichte. Nicht zuletzt musste als Teil der Aufnahmeprüfung ein Aufsatz in der Muttersprache geschrieben werden, eventuell erfolgte darüber eine mündliche Prüfung. Eine Art Test zum Hörverständnis in der obligatorischen Vorlesungssprache schloss sich zumeist für alle Nichtdeutschsprachigen an, denn nur wenige Vorlesungen wurden auf französisch angeboten.

In diesem Zusammenhang wurde klar, dass das Bildungsniveau der kantonalen Mittelschulen angehoben werden musste, um die Schüler auf eine Hochschule vorzubereiten, deren Pensum sich an internationalen Standards orientierte.

Einbettung der Polytechniker in die schweizerische Landschaft. Dritter Kurs der Ingenieurschule 1862.
Einbettung der Polytechniker in die schweizerische Landschaft. Dritter Kurs der Ingenieurschule 1862.

Bis die Schulen ihre Lehrpläne umgestellt hätten, würde einige Zeit ins Land gehen. Zur Überbrückung etablierte das Polytechnikum ab dem Schuljahr 1859/60 einen Vorkurs, dessen erfolgreicher Besuch die Aufnahmeprüfungen ersetzte. Postwendend musste sich die Schulleitung gegen den Verdacht wehren, die "technischen Mittelschulen herabdrücken zu wollen" bzw. das kantonale Schulwesen damit hinterrücks zu zentralisieren.
Obwohl die Abgänger der Mittelschulen die erste Zielgruppe darstellten, sollte mit dem Vorkurs auch Praktikern die Aufnahme eines Studiums stets möglich sein. "Viele Wege führen nach Rom", wusste Schulratspräsident Karl Kappeler, als er der Öffentlichkeit die Hochschule im Jahr 1873 vorstellte. In den Bau- und Maschinenfächern und der Pharmazie etwa zögen es viele Eltern vor, "den höhern technischen Studien einen praktischen Lehrkurs vorangehen zu lassen". Diese Bewerber bedürften dann einer Auffrischung und Ergänzung "vorzugsweise der elementar-mathematischen Kenntnisse". Und selbstverständlich sollten Gymnasiasten – diese Karriere hatte damals der gesamte Schulrat hinter sich – nicht dafür bestraft werden, dass sie statt einer fundierten mathematisch-naturwissenschaftlichen Ausbildung eine humanistische mitbrachten.

Neben der Einrichtung des Vorkurses wurden Verhandlungen mit einzelnen Gymnasien und technischen Mittelschulen aufgenommen. Deren Maturitätsausweise wollte die Schulleitung als direkte 'Eintrittskarte' anerkennen, ihren Abgängern mithin sogar die Aufnahmeprüfung erlassen, falls die Schulen ihre Lehrpläne mit dem Polytechnikum abstimmten. Die Verpflichtungen beider Seiten wurden vertraglich festgelegt. Von "Herabdrückung" konnte also tatsächlich keine Rede sein. Von Homogenisierung der kantonalen Schullandschaft über eine zentrale – und das heisst bundesstaatliche – Einrichtung dagegen schon.

Der Vorkurs wurde auf Anraten der Gesellschaft ehemaliger Polytechniker GEP und entgegen den Empfehlungen des Schulrats mit dem Bundesgesetz vom 23. August 1881 aufgehoben. Obwohl die GEP eine Verfechterin des Praxisbezugs war und einen leichten Wechsel zwischen Beruf und Studium eigentlich befürworten musste, lag ihren Mitgliedern noch mehr daran, die gesellschaftliche Reputation der Polytechniker aufzuwerten. Die ehemaligen Polytechniker hatten nämlich, so leiteten sie eine Petition an den Bundesrat 1877 ein, feststellen müssen, "dass beinahe bei sämmtlichen schweizerischen Administrationen dem Techniker nicht diejenige Stellung eingeräumt wird, die ihm in Folge seiner Competenz auch gebührt." Der Vorkurs war, hier stimmten sie dem Polytechnikumsprofessor Karl Culmann zu, nichts als eine "Schnellbleiche". Was man stattdessen wollte, war bildungsbürgerliches Gepäck. Es sollte den Poly-Anwärtern schon in den nicht humanistisch ausgerichteten Mittelschulen mitgegeben und am Polytechnikum noch aufgestockt werden. Denn "bei anerkennungswerther Beherrschung der eigentlichen Fachwissenschaften" fehlte es den Absolventen des Polytechnikums doch an Allgemeinbildung. Dies bedeute, "dass solche Techniker im öffentlichen Leben nie zu höherer Stellung gelangen, noch weniger aber eine hervorragende Thätigkeit im öffentlichen Leben an den Tag legen werden". Mit diesen Forderungen konnte sich die GEP durchsetzen. Die Folge war, dass nach der Schulreglementsrevision 1881 alle bisherigen Maturitätsverträge mit den Schulen durch den Bundesrat gekündigt wurden. Ihre Neuaushandlung brachte eine weit gehende Angleichung der kantonalen Bildungsinhalte und Schulabschlüsse.

Andrea Westermann

   
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