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Betriebliche Infrastruktur. Das Bibliotheksförderband und die Mensa

Investitionsentscheidungen um 1930 für eine komfortable Buchausleihe und eine Mensa belegen den Ausbau der ETH-internen Dienstleistungsbetriebe, der der Konsolidierung des Hochschulstatus in den 1910er- und 1920er-Jahren auf den Fuss folgte.

Anfang des Jahres 1930 erinnerte Schulratspräsident Arthur Rohn daran, dass der schweizerische Schulrat entschieden hatte, "das 75jährige Jubiläum in nicht allzubescheidenem Rahmen zu feiern, hauptsächlich um die E.T.H. im In- und Ausland bei diesem Anlass gebührend in Erinnerung zu rufen" (Schulratsprotokolle, SR2:1930, Sitzung vom 21.2.1930, 15). Die Technische Hochschule hatte allen Grund zu feiern. Sie expandierte nun schon seit einiger Zeit. Die naturwissenschaftliche Abteilung war 1915 in ein eigenes Gebäude gezogen, der Semperbau war renoviert und mit einer Kuppel bedacht worden. Hinzu kam der "geistige Innenausbau" (ETH-Jahresbericht 1929, 8): Mehrere neue Institute hatten ihre Arbeit aufgenommen, 1915 das Institut für Geographie, 1928 das Betriebswissenschaftliche Institut, 1930 die Versuchsanstalt für Wasserbau. Die beiden Einrichtungen, um die es im Folgenden geht, trugen im Hintergrund zum Betrieb der Hochschule bei und schienen bald unverzichtbar: das erste Bibliotheksförderband und die erste Mensa in der Clausiusstrasse, auch "Studentenheim" oder "Studheim" genannt.

1929, neun Jahre nach der letzten Reorganisation der ETH-Bibliothek und beim Stand von ungefähr 150'000 Bänden, machte sich Oberbibliothekar Dr. Emil Wettstein daran, den Leihverkehr zu modernisieren. Zu diesem Zweck holte er sich Rat beim technischen Leiter des Oberpostinspektorats in Bern von Salis. Die zügige Massenbeförderung von Papier und Paketen gehörte schliesslich zum Kerngeschäft der Post, und Wettstein hatte vor, das Büchermagazin entsprechend den Betriebsstandards in Grossunternehmen umzuorganisieren. Ingenieur von Salis sah das grösste Rationalisierungspotenzial im Einbau einer Förderbandanlage. Für die Bibliothek ergab sich folgendes Szenario: Der Büchertransport sollte von jeder Stelle der Anlage zur Bücherausgabe erfolgen, der Transport der Ausleihscheine von der Ausgabestelle zum Ende der Anlage. Die maximale Nutzlast betrug 5 kg pro Sendung. "Es ist nicht anzunehmen, dass sich mehr als 4 Bücher dieses Gewichtes in Abständen von ca. 4 Sekunden folgen. Durchschnittlich werden die Lasten geringer sein und sich in Abständen von ca. 10-30 Sekunden folgen" (ETH-Bibliothek, Archive, EZ-ZWD-Bib01:96.3. Mappe 103, Förderbandanlagen, Programm-Punkte).
Das erste ETH-Bibliotheksförderband. Fotoserie der Maschinenfabrik Bühler, Ende 1932.
Das erste ETH-Bibliotheksförderband. Fotoserie der Maschinenfabrik Bühler, Ende 1932.
Technisches Detail der Buchbestellung: Aus einem Handbuch für Rohrpostanlagen 1930.
Technisches Detail der Buchbestellung: Aus einem Handbuch für Rohrpostanlagen 1930.
Man lud mehrere deutsche und schweizerische Firmen ein, sich um den ausgeschriebenen Auftrag zu bewerben. Betrieblich, technisch und preislich stach nach Ansicht des Oberpostinspektors das Angebot von Siemens in Berlin heraus. Neben der leichten Konstruktion seien "die Beförderung der Zettel durch Rohrpost und die Verbindung mit einer Signalanlage" sehr günstig. Auch liefen Siemens-Anlagen bei der Post bereits problemlos: "Wenn ich in der Vergebung der Anlage ohne Rücksichten auf irgend eine Seite zu empfehlen hätte, würde ich den Auftrag an Siemens erteilen unter Vorbehalt einiger Änderungen am Projekt" (ETH-Bibliothek, Archive, EZ-ZWD-Bib01:96.3. Mappe 102, Beurteilung der Eingaben, 20.10.1931). Nur wenige Firmen hatten Erfahrung mit derart leichtem Fördergut, die meisten Maschinenfabriken bauten robuste Fliessbänder für Rohstofftransporte oder die Warenproduktion. Während auch das zweitbeste Angebot von einem deutschen Anbieter stammte, standen sämtliche Konstruktionen der schweizerischen Firmen im Missverhältnis zu den "leichten, ihnen übertragenen Transporten".

Keines dieser Projekte überzeugte. "Andererseits scheint es mir nicht angängig, den Auftrag für eine Förderanlage in der ETH ins Ausland abwandern zu lassen trotz Konstruktions- und Preisvorteilen", überlegte der Bundesbeamte von Salis weiter (ETH-Bibliothek, Archive, EZ-ZWD-Bib01: 96.3. Mappe 102, Beurteilung der Eingaben, 20.10.1931). Ein Kompromiss bahnte sich an und mündete darin, das Büchertransportband für 20'000 Franken in der Schweiz zu bestellen und die 8000 Franken teure Rohrpost für die Bestellzettel bei Siemens: "Diese Kombination wird wohl die rascheste und sicherste Abwicklung ihrer Transporte gewährleisten" (ETH-Bibliothek, Archive, EZ-ZWD-Bib01:96.3. Mappe 102, von Salis an Wettstein, 28.1.32).

Von Salis wird die Berücksichtigung der schweizerischen Industrie in den nächsten anderthalb Jahren noch oft bereut haben. Die Konstruktion und Montage des Transportbandes durch die Maschinenfabrik Bühler in Uzwil stellten sich als hochproblematisch heraus. Der Ingenieur übernahm die Fehlerreparatur und Einpassung der Förderanlage schliesslich selbst und meldete im August 1933 an Wettstein: "Es ist anzunehmen, dass nach erfolgter Korrektur – die allerdings aus den teilweise mangelhaften Konstruktionen keine guten schaffen konnte – auf längere Zeit hinaus keine schweren Störungen zu erwarten sind, sondern dass die Anlagen befriedigend laufen wird" (ETH-Bibliothek, Archive, EZ-ZWD-Bib01: 96.3. Mappe 102, von Salis an Wettstein, 17.8.33). Die Anlage lief nun tatsächlich jahrelang und wurde 1948/49 noch durch eine Gegensprechanlage ergänzt: Die Technisierung der Buchausleihe ermöglichte im Jahr 1952 eine Ausleihe von 80'000 Bänden mit nur einem Magazingehilfen (Scherrer 1952, 202). Die Erleichterungen durch Technik blieben aber vorerst auf den Leihverkehr beschränkt. Die Erwerbung und Katalogisierung der Bücher waren weiterhin personalintensiv.

Die Mensa im Studentenheim an der Clausiusstrasse.
Die Mensa im Studentenheim an der Clausiusstrasse.
Während die Transportbandanlage vor allem den Oberbibliothekar und den technischen Leiter der PTT beschäftigte, erregte die Mensa von Anfang an öffentliches Aufsehen. Eine Genossenschaft Studentenheim an der ETH verschrieb sich ab 1927 laut Statuten der "Förderung des Wohles der Studierenden beider Hochschulen durch den Bau und den Betrieb von Studentenheimen in Zürich" (Erb 1937, 572–73). Der Polyball im November 1927 wurde zugunsten eines Studentenheims veranstaltet und bildete den Auftakt für eine erfolgreiche Geldeinwerbung unter den Zürchern und bei der schweizerischen Industrie. Der Bund stellte das Gebäude des ehemaligen Polygraphischen Instituts zur Verfügung und der VSETH investierte mit über 100'000 Franken den grössten Teil seines Vermögens in das Projekt (Schulratsprotokolle, SR2:1939, Sitzung vom 24.3.1939, 94).

So konnte im Rahmen der Feierlichkeiten zum 75-jährigen ETH-Jubiläum das Studentenheim eingeweiht werden. Es sollte, so der Festredner Rohn, "den Studierenden eine gesunde preiswerte Verpflegung in einem behaglichen Heim bieten; es soll die Studierenden beider Hochschulen in Zürich zu freiem fröhlichem Meinungsaustausch zusammenführen" (Rohn 1931, 18). Das Studentenheim war in erster Linie als Mensa mit zunächst 400 Mahlzeiten ausgelegt. Der bürgerliche Frauenverein Schweizerischer-Verband Volksdienst hatte den Zuschlag für die Bewirtschaftung erhalten. Bereits im Wintersemester 1932/33 stiegen die Zahlen auf 950 Mahlzeiten am Mittag und 720 Mahlzeiten am Abend.

Von studentischer Seite verbanden sich grosse Hoffnungen mit der Einrichtung. Das Studentenheim wurde als "die reale Basis zur Entwicklung eines neuzeitlichen Studententums" apostrophiert, es war ein Ort politischer Debatten und scheint begeisterte Aufnahme gefunden zu haben (Eisenring 1930/31, 70). Schon kurz nach der Eröffnung wurde eine Kampagne für einen vitaminreichen Eintopf lanciert und um die ausgegebenen Portionen gestritten (Oppenheim 1931/32, 290). Im "Café" lagen 117 Tages- und Wochenblätter auf. Die Zeitung Jüdische Presszentrale baumele "sorglos neben dem Völkischen Beobachter, ohne dass eines der Blätter entflammte", versuchte der Präsident der Studentenschaft der Universität Helmut Suter das liberal-tolerante Klima im Dezember 1932 zu veranschaulichen (Suter 1933/34, 74). Sogar der Schweizerische Schulrat gewöhnte es sich an, seine Sitzungen mit einem Essen im Studentenheim zu beschliessen. 1946 war die Mensa bereits nicht mehr aus dem Hochschulquartier wegzudenken: Bei einer Erweiterung der benachbarten Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt EMPA, der das Studentenheim zu weichen hätte, müsse "selbstverständlich ... anderswo ein neues Heim errichtet werden" (Schulratsprotokolle, SR2:1946, Sitzung vom 21.6.1946, 260).

Wachsende Studierendenzahlen führten Anfang der 1960er-Jahre zu kolossalen Engpässen bei der Essensausgabe, was studentische Proteste nach sich zog. Der Mensch lebe zwar nicht nur vom Brot allein, doch der Brotkorb hänge allzuhoch, befand eine Glosse im Zürcher Student vom Dezember 1962. Endlose Menschenschlangen bis auf die Strasse hinaus, der Kampf um jeden Stuhl, ein völlig verrauchter Lesesaal: "Das ist so ungefähr das tägliche Bild dessen, was in behördlichen Reden 'Unterkunfts- und Verpflegungsverhältnisse an der eidgenössischen Technischen Hochschule' heisst". Auch Preis-, Geschmacks- und Gesundheitsfragen reizten zu Kritik. 60 Rappen seien für "entwicklungsbedürftige Sandwiches" zu viel, die Mahlzeiten unausgewogen, so war zwei Jahre später im gleichen Blatt zu lesen. Seit Mitte der 1960er-Jahre gab es Pläne für den Ausbau der Polyterrasse. Im Sommer 1976 konnte die neue Mensa mit einer Tageskapazität von 5600 Mittagessen endlich eröffnet werden. Wie zu Beginn der Studentenverpflegung 1930 ging es darum, den Grundbedarf zu decken. "Was indessen unter vollwertiger Nahrung zu verstehen ist, weiss man heute sehr viel besser als damals", referierte die Neue Zürcher Zeitung vom 20. August 1976 das neue Küchencredo. Längst sei nicht mehr nur ein Maximum an Kalorien der Massstab, sondern eine ausgewogene Zusammensetzung der Mahlzeiten auch in Bezug auf Vitamine und Spurenelemente. Attraktive Präsentation, Vielfalt des Angebots und Internationalität der Küche waren Kriterien, denen die Mensa fortan ebenfalls genügen wollte.

Andrea Westermann

   
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