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Jahrzehntelang entwickelte die ETH in Zusammenarbeit mit der Industrie einen Projektor für Fernsehübertragungen auf Grossleinwand. Die Eidophor-Geräte eroberten zwar nicht die Kinos. Doch seit den 1960er-Jahren bestimmten sie die Ästhetik von Grossereignissen in Sport, Politik und Wissenschaft.
"To combat the dragon of television, which keeps millions of movie-goers at home, Film Magnate Spyros Skouras, president of 20th CENTURY FOX, has devised a big new weapon. EIDOPHOR (meaning image-bearer in Greek) is a Swiss invention which takes a televised signal from an electronic scanner and projects it in color onto a regular movie screen of any size", schrieb das amerikanische Life Magazine im Juli 1953 (Johannes 1989, 22). Der Eigentümer der 20th Century Fox Film Corporation sah den ersten transportierbaren Eidophor-Projektionsapparat bei einer Pressevorführung im New Yorker Pilgrim Movie Theater. Die neue Möglichkeit, Fernsehbilder auf Grossleinwand zu zeigen, überzeugte den Medienunternehmer. "He hopes to get EIDOPHOR machines installed in hundreds of theaters, then put on special sport events or fancy musical shows which combine the glitter and polish of a Hollywood Technicolor production with the freshness of live action", führte das Life Magazine weiter aus. Bei der Schweizer Firma Dr. Edgar Gretener AG, der späteren Gretag AG, welche die Markteinführung des ETH-Patents übernommen hatte, gab Skouras die Entwicklung von zwei verbesserten Eidophor-Maschinen in Auftrag. Sollten diese den Ansprüchen des amerikanischen Grossunternehmens genügen, stand eine Bestellung von über 1000 Projektoren in Aussicht.
Das amerikanische Interesse am schweizerischen Projektionsverfahren galt als erste kommerzielle Erfolgsaussicht nach fast zwanzigjähriger Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Das am 8. November 1939 eingereichte Patentgesuch von ETH-Professor Fritz Fischer, Vorsteher des Instituts für technische Physik und Vorstand der Abteilung für industrielle Forschung AFIF, beinhaltete alle wesentlichen Elemente der innovativen Bildübertragung. Ausgehend von der begrenzten Helligkeitsleistung der Braunschen Röhre, mit der konventionelle Heimempfänger ausgerüstet waren, setzte das Eidophor-Prinzip als zusätzliche Lichtquelle eine Bogenlampe ein. Im Rhythmus der eintreffenden Fernsehsignale veränderte sich deren Lichtstrom. Als Steuerorgan diente ein Hohlspiegel,
„auf dem eine dünne, elektrisch leitfähige Ölschicht aufgebracht ist. Auf ihre Oberfläche zeichnet ein Kathodenstrahl die Fernsehbilder, Punkt für Punkt und Zeile für Zeile, als elektrische Entladungen auf. An den getroffenen Stellen buckelt sich das Öl etwas empor, wodurch ein unsichtbares, geriffeltes Reliefbild entsteht, das aber im Verlauf jedes Bildwechsels wieder eingeebnet wird. Das Licht der Bogenlampe wird von den winzigen Ölhügeln, die den einzelnen Bildpunkten entsprechen, mehr oder weniger gebrochen und gelangt, nachdem es durch ein System von Spiegelbarren in seiner Helligkeit variiert wird, auf die Leinwand, wo das Fernsehbild in Grossformat sichtbar wird.“
Die "wahrhaft geniale und einfache Idee", wie die Neue Zürcher Zeitung vom 20. Mai 1959 beeindruckt festhielt, stellte einige Herausforderungen an ihre Verwirklichung. So zum Beispiel dauerte es Jahre, bis ein Öl gefunden war, das mit Hilfe von Kühlvorrichtungen genügend leitfähig gehalten werden konnte. Auch die grosse Hitzeproduktion und die Vakuumerzeugung erwiesen sich als hartnäckige Problemzonen. Während der allererste Eidophor-Prototyp von 1943 in handelsfertiger Grösse gebaut wurde, nahm der zweite Prototyp zwei Stockwerke des Physikgebäudes in Anspruch. Die grosszügige Anlage sollte es erlauben, alle Umsetzungsschwierigkeiten im Detail zu klären. Ende der 1950er-Jahre schliesslich, als der Eidophor endlich marktreif war, präsentierte er sich kleiner als ein herkömmlicher Kinoprojektionsapparat. |
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Zu einem beträchtlichen Teil aus Geldern der 1936 gegründeten, anwendungsorientierten AFIF finanziert, wurde die Eidophor-Forschung von Anfang an mit kommerziellem Interesse betrieben. Allerdings täuschte man sich in den anvisierten Nutzungskontexten. Die Pioniergeneration glaubte, dass die Grossbildschirme gerade recht kämen, um Kinos und Lichtspieltheater für das Konkurrenzmedium Fernsehen auszurüsten. Noch im April 1958, als im Kinotheater Rex in Zürich der erste handelsfertige Eidophor-Apparat präsentiert wurde, adressierten die Entwickler ist erster Linie die Kinobesitzer. Dass es in dieser Hinsicht allerdings nicht nur technische Probleme zu lösen gab, bemerkte beispielsweise die NZZ: "Nicht nur die technische Qualität des Bildes muss der Filmprojektion entsprechen, auch die Kameraführung und der Bildwechsel muss filmischen Ansprüchen genügen. Wenn mit Direktübertragungen von Aktualitäten ins Kinotheater begonnen wird, müssen die Kameraleute und Bildregisseure der Television hinsichtlich der Bildführung mindestens den Stand der Filmwochenschaureporter erreicht haben." (NZZ, 12.4.1958) In den Kinos kam schliesslich kaum ein Eidophor-Gerät zum Einsatz. Auch die Century Fox verzichtete 1958 – nachdem sie noch die Entwicklung eines Apparats für Farbprojektionen in Auftrag gegeben hatte – auf ihre exklusiven Nutzungsrechte. Mit Cinemascope und Widescreen zeichneten sich für die Kinobetreiber neue Wege ab.
Dennoch konnte sich auch Eidophor eigene Märkte öffnen. Nach dem Tod von Edgar Gretener im Oktober 1958 wurde die Weiterentwicklung von der engsten Geschäftspartnerin, der Basler Pharmaziefirma Ciba, übernommen. "Die Ciba, die der Förderung der Forschung und des Unterrichts seit jeher Verständnis und eine offene Hand gezeigt hat, hat sich nun entschlossen, den Eidophor-Projektor vorerst in den Dienst dieser neuen Zweckbestimmung zu stellen", berichtete die NZZ vom 20. Mai 1959. Die ersten Geräte der zunächst in Zürich-Altstetten, später in Regensdorf angesiedelten Fabrikationsstätte gingen in Bereiche wie Medizintechnik oder Flugsimulation. Aber auch Fernsehstationen begannen in den 1960er-Jahren, Eidophor-Projektionen als Studiohintergrund einzusetzen. Bald waren kaum noch Sportsendungen ohne Grossbildschirm zu sehen. Zudem erwarben Hochschulen Eidophor-Geräte und setzten sie als Unterrichtsmedien ein. Zu den Pionieren des Eidophor-Unterrichts gehörte etwa Ernst Schumacher, Chemieprofessor an der Universität Zürich. Er verwandelte sein Chemielabor in ein TV-Studio und liess seine mit Experimenten angereicherten Vorlesungen in einen Hörsaal übertragen. In den USA, wo Eidophor seit Anfang der 1960er-Jahre von der Theater Network Television TNT vertrieben wurde, gehörten die NASA, das Pentagon, das Militär sowie Sportarenen und TV-Studios zu den ersten Kunden. So wurden die ersten Schritte auf dem Mond 1969 in den NASA-Zentralen auf insgesamt 34 Eidophor-Bildschirmen überwacht. Von den gross angelegten Forschungen im ETH-Labor für technische Physik der 1940er-Jahre bis hin zum Einsatz der large screens in den Kommandozentralen und Unterhaltungsarenen des beginnenden Medienzeitalters waren allerdings zahlreiche Anpassungen und Neuausrichtungen zu leisten, wie etwa die laufend optimierten Gerätetypen belegen.
Monika Burri