ETHistory 1855-2005

030205


Informatikdienste

Vom Rechnen für die Forschung zur Unterstützung aller Kernprozesse

von Dr. Andreas Dudler und Dr. Barbara Meili

Die Informatikdienste der ETH Zürich können 2005 noch kein 150-Jahr-Jubiläum feiern. Sie sind ein vergleichsweise junger Infrastrukturbereich. Ihre Wurzeln reichen jedoch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts zurück, zu den Anfängen der elektronischen Maschinen für die Verarbeitung von Forschungsdaten. Die Geschichte der Informatikdienste widerspiegelt die Emanzipation der Informations- und Kommunikationstechnologien vom wissenschaftlichen Rechnen zur Unterstützung aller Kernprozesse der ETH Zürich.

Wo beginnt nun diese Geschichte? Im Jahr 1963 entschied der Schulrat der ETH Zürich, dass ein Rechenzentrum einzurichten sei, um den Bedürfnissen der Forschung nach hoch leistungsfähigen Rechnern nachzukommen. Das Rechenzentrum wurde im Hauptgebäude installiert und bereits im folgenden Jahr in Betrieb genommen. Es bestand – wie es sein Name zum Ausdruck bringt – aus grossen zentralen Rechnern. Mitte der 70-er Jahre entstand auf dem Hönggerberg ein dezentrales Angebot, das Zentrum für interaktives Rechnen ZIR, das sich als eine Gegenbewegung zur zentralen Lösung positionierte. Beide Einrichtungen entwickelten sich über lange Zeit parallel zueinander.

Rechenzentrum mit CDC 1604
Rechenzentrum mit CDC 1604

Zu Beginn der 80-er Jahre wurden Rechner noch immer hauptsächlich für die Forschung und Lehre eingesetzt, sie leisteten aber auch Unterstützungsarbeiten für die Verwaltung. Ein neues Zeitalter des Informatikeinsatzes an der ETH Zürich begann 1986: Als neuer Bereich wurden die Informatikdienste geschaffen, in welche zuerst das Rechenzentrum und 1989 auch das ZIR integriert wurden. Das Rechenzentrum, hervorgegangen aus dem Institut für angewandte Mathematik, war bis dahin direkt dem Betriebsdirektor unterstellt gewesen. Die Informatikdienste waren nun ein zentrales Organ der ETH Zürich. Diese organisatorische Veränderung und die neue Bezeichnung Informatikdienste hatten programmatischen Charakter. Nicht mehr das Rechenzentrum als Ort war wichtig, sondern die Funktion der Rechner und ihr Nutzen für die ETH als Ganzes, in den zentralen ebenso wie in den dezentralen Einheiten. Damit nahm die ETH Zürich unter den Hochschulen eine Pionierrolle ein. Das Rechnen war nicht mehr nur ein Fachgebiet. Es wurde ein unentbehrliches Element der Infrastruktur und sollte schliesslich die ganze Institution ETH durchdringen. Diese Entscheidung war damals nicht unumstritten. Es handelte sich für die Betroffenen um einen einschneidenden Wandel, dessen Folgen noch viele Jahre nachwirken sollten. Mit diesem anspruchsvollen Prozess begab sich die ETH Zürich auf einen zukunftsgerichteten Weg und wurde zur Pionierin unter den Schweizer Hochschulen.

1996 verschwand auch die Bezeichnung Rechenzentrum innerhalb der Informatikdienste; von jetzt an wurde die Einheit Systemdienste genannt. Im Jahr 2000 wurde die Sektion Basisdienste ins Leben gerufen. Deren Aufgabe war es, die rasch wachsenden Bedürfnisse der Nutzerschaft von Internet und E-Mail zu erfüllen, welche seit Ende der 90-er Jahre rapide zunahm. Innerhalb von wenigen Jahren wurden aus einigen Hundert rund 20'000 Nutzende.

Auch konzeptionell setzten sich die Informatikdienste neue Ziele: An der ETH war weiterhin Hardware der Spitzenklasse gefragt, ebenso wichtig wurden jedoch professionelle Support-Leistungen. Andreas Dudler, seit 1995 Direktor Informatikdienste, fasst die Entwicklung folgendermassen zusammen: „Unsere Organisation war stets gefordert, dem Wandel bei den Bedürfnissen der Nutzenden zu folgen.“

Neue Aufgaben für die Rechner

Die ETH Zürich hatte von jeher substanziell in Computer investiert, um die Rechenkapazität für die wissenschaftliche Arbeit sicherzustellen. Schon früh wurde aber auch erkannt, dass man mit Computern die administrative Arbeit unterstützen konnte. Im Rechenzentrum etablierten sich neue Mitarbeitende, die sich mit Verwaltungsaufgaben befassten. Die ersten administrativen Anwendungen entstanden Mitte der 60-er Jahre im Bereich der Studentenverwaltung. Das administrative Rechnen entwickelte sich als erste Verzweigung des wissenschaftlichen Rechnens zu einer eigenständigen Aufgabe. Der spätere Professor Carl August Zehnder, ein Pionier der Informatik für administrative Zwecke, publizierte 1965 seine Dissertation über die Computerberechnung von Stunden- und Fahrplänen. Ein nächstes Feld des administrativen Rechnens war die Raumbewirtschaftung.

Studierender mit Laptops
Studierender mit Laptop

Die Entwicklung des administrativen Rechnens an der ETH Zürich erfolgte technisch gesehen in drei Phasen. Die erste dauerte von ungefähr 1960 bis Mitte der 80-er Jahre und ging als Zeitalter der Lochkarten in die Geschichte ein. Diese wurden abgelöst von den Datenbanken mit interaktiven Dialogen. Ungefähr seit Beginn des neuen Jahrtausends wird das administrative Arbeiten mit Webtechnologie unterstützt.

Auch im wissenschaftlichen Rechnen entwickelten sich neue Verzweigungen. Zum einen entstanden mit dem PC neue Möglichkeiten für die Lehre. Dozierende konnten Rechner im Unterricht interaktiv einsetzen und zum Beispiel mit graphischen Darstellungen den Lernstoff visualisieren. Um diese didaktischen Neuerungen zu unterstützen, war ein verstärkter Einsatz von spezifischen Informatikmitteln in den dezentralen Einheiten erforderlich. Das Projekt Informatik dient allen (IDA) wurde ins Leben gerufen. Des Weiteren brauchte die Dezentralisierung von Rechenaufgaben immer leistungsfähigere Netzwerke. Auch mussten die Verbindungen nicht mehr nur vom dezentralen Rechner zum Rechenzentrum funktionieren, sondern für die Kommunikation aller mit allen. Die ETH Zürich hat die Entwicklungen im Netzwerkbereich früh antizipiert und vorausschauend geplant. Meilensteine waren das Projekt KOMETH (Kommunikation ETH), das Mitte der 80-er Jahre im Rahmen der Dezentralisierung gestartet wurde, die Einführung des Breitbandnetzes, das Aufkommen des Internetprotokolls (TCP/IP), die Geburt des Netzwerks der schweizerischen Hochschulen SWITCH und die universelle Verkabelung des gesamten Areals. Ständige Herausforderungen des Netzwerks sind das rasante Wachstum des Datenvolumens und in den letzten Jahren die Sicherheitsproblematik.


Die ersten Diplomarbeiten in Informatik: keine Chance für Langschläfer

Andreas Dudler schrieb 1982 seine Diplomarbeit als Mathematikstudent mit Spezialgebiet Informatik. Die konzeptionelle Arbeit – Programmieren und Berichte Schreiben – wurde auf einem zentralen Rechner vorgenommen. Man arbeitete nicht mehr physisch mit Lochkarten, aber mit einer lochkartenbasierten Technologie. Damals hatten nicht alle Doktorierenden einen Arbeitsplatz. Deshalb war es empfehlenswert, dass man am Morgen vor 7:30 Uhr zur Arbeit ging, um noch eine freie Station vorzufinden. Gestattete man sich eine Mittagspause, war der Arbeitsplatz nachher meistens besetzt. 


Materialien

 
 
 
 

© 2011 ETHistory 1855-2005 | Last update: 6.4.2005 |
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