ETHistory 1855-2005

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Die Herausforderungen an die agrar- und lebensmittelwissenschaftliche Forschung

In den drei Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Landwirtschaft von einem Strukturwandel ohnegleichen erfasst, ausgelöst durch den technisch-naturwissenschaftlichen Fortschritt, der zu kaum erwarteten Ertrags- und Produktionssteigerungen führte. In der Lebensmittelindustrie hielten die rasanten Entwicklungen von Prozesstechnik und Informationstechnologie Einzug. Die Forderung nach Verbraucherfreundlichkeit oder Convenience nahm zu, und immer mehr Lebensmittel kamen in bereits fertig zubereiteter, haltbarer Form auf den Markt.

Gleichzeitig wuchsen aber als Gegengewichte auch das Umweltbewusstsein und das Unbehagen gegenüber einer zu stark industrialisierten Landwirtschaft. Lebensqualität und die Pflege der Kulturlandschaft gewannen gegenüber dem reinen Produktivitätsgedanken mehr und mehr an Gewicht bei der Festlegung agrarpolitischer Massnahmen. Qualitative Ansprüche wichen den rein quantitativen Ansprüchen der Sicherung der Ernährungsgrundlage. Agrar- und Lebensmittelwissenschaften sind heute in hohem Masse mit Akzeptanzfragen verbunden, welche der Konsument und die Konsumentin im Umfeld der modernen Wissensgesellschaft zu Technologien, Produkten und zur Wissenschaft selbst stellen. Dass dabei die aus naturwissenschaftlicher Sicht wirklich aktuellen Risikofragen in der Beurteilung der Nahrungsmittelsicherheit, wie die Gefährdung durch bisher nicht bekannte oder erkannte Mikroorganismen oder die Kontamination durch Umweltchemikalien, nicht aus dem Fokus der wissenschaftlichen Tätigkeit gleiten dürfen, ist selbstverständlich.

Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften sind gleichermassen gefordert, die wissenschaftliche Basis zu schaffen, die es ermöglicht, das Angebot und die Zusammensetzung von Lebensmitteln den Bedürfnissen verschiedener Bevölkerungsgruppen anzupassen. Auch haben sie sich vorgenommen, die Verbraucherinnen und Verbraucher für eine gesunde Ernährung zu sensibilisieren.

In einem breiten systemorientierten Ansatz, der sich gleichzeitig durch disziplinäre Tiefe auszeichnet, setzt sich Forschung in Agrar- und Lebensmittelwissenschaften mit den Fragen der nachhaltigen Landwirtschaft und intakten Kulturlandschaft, der Lebensfähigkeit des ländlichen Raumes, des schonenden Umgangs mit natürlichen Ressourcen, der Sicherheit von Lebensmitteln aus der gewerblichen und industriellen Verarbeitung, der Ernährung der Weltbevölkerung, der veränderten Konsumentenbedürfnisse und der Wechselwirkungen zwischen Ernährung und Gesundheit auseinander.


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