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Praxisorientierung. Maschinenbau erfolgreich lehren

Die industrielle Praxis blieb trotz verstärkter Suche nach systematisch-theoretischem Wissen der Orientierungspunkt für die Ausbildung von Ingenieuren.

Wenn man den Maschinenbau "mit Erfolg lehren" wolle, müsse man wie bei jedem anderen Lehrfach auch methodisch vorgehen und dürfe nicht "instinktmässig herumtappen wie es bey Escher und in andern renomirten Construktions Werkstätten der Fall ist". Mit diesem Urteil grenzte sich 1846 Jacob Ferdinand Redtenbacher von der industriellen Tagespraxis ab und warb für neue Ausbildungsmethoden. Redtenbacher war von 1834 bis 1841 Lehrer für Mechanik und Maschinenlehre an der Zürcher Industrieschule. Seine anschliessende Reorganisation des Maschinenunterrichts an der "Höheren Gewerbeschule" des Karlsruher Polytechnikums sowie seine Lehrbücher machten ihn als eigentlichen Begründer des wissenschaftlichen Maschinenbaus in Deutschland bekannt. Die stärker disziplinär verfasste neue Unterrichtsform wurde in Zürich übernommen. Jedoch reichte "sogar eine um 2 bis 3000 Fr. das bisher ausgesetzte Gehaltsmaximum von 5000 Fr. übersteigende Besoldung" nicht aus, um den erfahrenen Lehrer selbst sowie seinen ebenfalls an der Mathematisierung der konstruktiven Maschinenlehre arbeitenden Kollegen Julius Weisbach, Professor für angewandte Mathematik und Bergmaschinenlehre im sächsischen Freiberg, für Zürich zu gewinnen. Man musste sich stattdessen mit jungen Ingenieuren aus dem Umfeld dieser Professoren begnügen, die zusammen, so dachte man zuversichtlich, das Wissensgebiet breit abdeckten. Der Schulrat begründete im Antrag an den Bundesrat vom 12. März 1856 die Wahl von Franz Reuleaux:

"Nun liegt es gerade in dem Bedürfniss unserer Anstalt, bei Besetzung der zweiten Lehrstelle bei der mech. Abtheilung mehr die praktische Richtung zu berücksichtigen, und in dieser Beziehung wird es eine treffliche Ergänzung unseres Lehrerpersonals sein, einen Mann zu gewinnen, der neben markanten wissenschaftlichen Leistungen im Gebiete der Konstruktionslehre auch eine praktische Thätigkeit von mehreren Jahren im Maschinenbau für sich aufzuweisen hat. Sowie Weisbach mehr die theoretische, Redtenbacher mehr die praktische Richtung vertritt, so ihre Schüler Zeuner und Reuleaux."

Auf der Feldbahn zum Steinbruch: Die Abteilung Chemie besucht eine Zementfabrik in Brunnen, um 1916.
Auf der Feldbahn zum Steinbruch: Die Abteilung Chemie besucht eine Zementfabrik in Brunnen, um 1916.

Im frühen Schulalltag war es mit der Theoretisierung des Maschinenbaus nicht allzu weit her. Franz Reuleaux stellte zwar das "Maschinenconstruieren als eine wissenschaftlich begründete selbständige technische Kunst" von Anfang an ins Zentrum seiner Lehr- und Forschungsarbeit. Und mochte er auch fasziniert davon sein, eine "Maschinenwissenschaft der Deduktion" zu schaffen, wie er sie 1875 mit seiner "Theoretischen Kinematik" vorlegte – so beschränkte er sich zumindest in den Jahren bis zu seinem Zürcher Abgang 1864 darauf, den Schülern den Entwurf von Maschinen beizubringen.

Gustav Zeuner war der zweite, bereits 1855 angestellte Maschinenbauprofessor. Während das Fachgebiet Reuleaux 'Maschinenlehre' wurde, hatte man Zeuners Professur mit 'Mechanik und theoretische Maschinenlehre' umschrieben. Zeuners Interesse an der Übertragung der physikalischen Wärmetheorien auf den Maschinenbau und ihr Ausbau zur technischen Thermodynamik hatten ihm die Kategorisierung als Theoretiker eingebracht. Generationen von Ingenieuren allerdings verbanden seinen Namen in erster Linie mit Modellen, die durch ihre enorme Praxistauglichkeit bestachen. Es handelte sich um die in der Zürcher Polytechnikumszeit entwickelten Tabellen über das Verhalten des gesättigten Wasserdampfes sowie um seine "Schieberdiagramme", welche die Parameter für Dampfmaschinensteuerungen verzeichneten. Beides waren leicht handhabbare Objekte, die das Ablesen und Einsetzen von Zahlenwerten ermöglichten. Sie ersparten es dem Ingenieur, wie der Zürcher Maschinenbauprofessor Aurel Stodola 1897 zugab, die ihm eigene "Scheu vor der Analysis" in der täglichen Konstruktionsarbeit ablegen zu müssen.

'Praxis' an der Schule zu verankern, war dennoch keine leichte Sache. Während niemand daran zweifelte, dass die elementaren Fertigkeiten des Konstruierens in der Schule erlernt werden könnten und müssten, zielte der Begriff in den Worten des ersten Schuldirektors Joseph von Deschwanden doch immer auch auf das "wirkliche industrielle Leben". Aller Polemik zum Trotz blieben die "Constructions Werkstätten" Bezugspunkt für die Ausbildung der Polytechniker. So tat man es den Botanikern, Zoologen und Geologen gleich und unternahm Exkursionen in Industriebetriebe. Der Ertrag der kurzen Ausflüge fiel allerdings eher mager aus: Ein Äquivalent zur naturwissenschaftlichen Exkursion, auf der die Studienobjekte im ganzheitlichen "Naturerlebnis" einfühlend erfasst werden konnten, waren die Ausflüge wohl nicht. Denn anders als bei den Alpenexkursionen, im Verlauf derer man der Natur durch körperliche Anstrengung, ergreifende Aussichten sowie Zeichnen und Sammeln sehr nahe kam, hatten Betriebsbesichtigungen nur illustrativen Charakter. Eigener Einsatz war nicht gefordert. Mit der Exkursion vergleichbar waren dagegen die meist freiwillig absolvierten Volontariate, mit denen die Polytechniker vor oder während des Studiums über Wochen Einblick in den Fabrikablauf und die Berufsroutinen der Techniker erhielten. Beliebte Praktikumsorte waren die Eisenbahnbetriebe, die von Roll-Werke, Escher Wyss, Sulzer oder die Maschinenfabrik Oerlikon.

Andrea Westermann

   
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