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Konjunkturkurven

 
   
           
 

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Start-up und Spin-offs

Wie verwandelt man akademisches Wissen in industrielle Technologie? Seit den 1990er-Jahren bemühen sich Hochschulen und Privatwirtschaft um einen verbesserten Wissens- und Technologietransfer. Den föderalistischen "Kantönligeist" konnte die schnell gewachsene schweizerische Innovationslandschaft allerdings noch nicht überwinden.

In einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Cash vom 20. April 2001 äusserte sich Thomas von Waldkirch – erster Direktor der Stiftung Technopark Zürich und langjähriger Leiter der Stabsstelle Forschung und Wirtschaftskontakte an der ETH Zürich – zu der Frage, weshalb die Schweiz operative "Schnittstellen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft" brauche: "Ich denke an meine Zeit an der ETH Zürich zurück: Der Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft funktionierte miserabel. Gewisse Unterlassungssünden lassen einem die Haare zu Berge stehen. Das bekannteste Beispiel: 1955 wurde hier einer der weltweit ersten elektronischen Computer entwickelt. Er stand acht Jahre lang als Rechenzentrum in Betrieb und wurde 1963 durch den ersten kommerziellen Rechner der US-Firma CDC abgelöst. IBM hat mir bestätigt, dass die ETH-Entwicklung technologisch mit ihren eigenen Produkten von damals hätte mithalten können."

Die "Unterlassungssünden" der schweizerischen Forschungspolitik sind sprichwörtlich und werden von den Promotoren für mehr Unternehmergeist in den Wissenschaften als Standardargumente eingesetzt. Nicht nur die ETH habe es verpasst, in den 1950er-Jahren ihre informationstechnologischen Innovationen markttechnisch zu verwerten, so etwa den legendären unter der Leitung von Eduard Stiefel konstruierten ERMETH-Rechner oder die von Niklaus Wirth entwickelte Programmiersprache Pascal, eine der einflussreichsten Computersprachen überhaupt. Auch in die schweizerische Schwachstrom-Mikroelektronik sei viel zu lange viel zu zögerlich investiert worden. So etwa hatten der an der EPF Lausanne ausgebildete Elektroingenieur Eric Vittoz und sein Team zwar Anfang der 1960er-Jahre den ersten Prototyp einer Quarzuhr gebaut. Japanische Unternehmen waren jedoch schneller mit dem Marketing. "Mit solchen Fehlern ist jetzt Schluss", betonte auch Albert Waldvogel, Vizepräsident der ETH Zürich, in einer am 1. Mai 2000 veröffentlichten Reportage der Zeitschrift Bilanz über die ETH als "Europameister im Aufbruch".

Zu den Pionier- und Vorzeigeprojekten einer organisierten "Innovationsförderung" in der Schweiz gehört der 1993 auf dem brachliegenden Escher-Wyss-Areal in der Zürcher Industriezone eröffnete "Technopark Zürich". Das von der Privatwirtschaft finanzierte "Zentrum für Wissens- und Technologietransfer" sollte die Überführung von technologischen Innovationen in die wirtschaftlich-industrielle Anwendung beschleunigen und den Aufbau einer schweizerischen Start-up-Kultur fördern. Zu diesem Zweck wurden Forschung und Industrie, Wissenschaft und Marketing in einem 43'000 Quadratmeter grossen Gebäudekomplex zusammengeführt.
Neue Form der Innovationsförderung: Albert Hafen, zuständig für Bauwesen und Dienste bei Sulzer-Escher Wyss, mit dem Modell des 1993 eröffneten Technoparks Zürich.
Neue Form der Innovationsförderung: Albert Hafen, zuständig für Bauwesen und Dienste bei Sulzer-Escher Wyss, mit dem Modell des 1993 eröffneten Technoparks Zürich.

"Höhenflüge bringen nichts, wenn keine Landepisten vorhanden sind", pries man mit Blick auf ausländische Vorbilder wie das Silicon Valley in Kalifornien oder den Ideon Park in Schweden den Nutzen des damals neuartigen Projekts (Tages Anzeiger, 1.3.1989). Neben der Optimierung von wirtschaftlich-industriellen Synergien stellten die Gründer vor allem auch ein interdisziplinäres Weiterbildungsangebot sowie einen Förderpreis für Jungunternehmen in Aussicht.

Nach rezessionsbedingten Anlaufschwierigkeiten bilanzierte der Technopark seit Anfang der 1990er-Jahre betont positiv: Auch wenn nur einzelne Unternehmer wie etwa der Computerexperte Anton Gunzinger international Furore machten, wurde der "Hightech-Brutstätte" von allen Seiten ein "hervorragendes Innovationspotenzial" attestiert. Insbesondere die hohen Selektionshürden machten sich bezahlt: Weniger als 10% der Firmen, die sich an der Technoparkstrasse 1 einmieten durften, gingen Konkurs. Am Aufbau der Qualitätsmarke "Technopark", die schon mehrere Ableger erzeugt hat, war die ETH von Anfang an beteiligt: Sie war nicht nur im Stiftungsrat vertreten und Hauptmieterin im so genannten "Innovationstrakt", wo auch heute mehrere ETH-Forschungsgruppen stationiert sind. Rund fünfzig der technologieproduzierenden Jungunternehmen, welche die Synergiekultur des Technoparks zum Ausdruck bringen, sind Spin-off-Firmen der ETH Zürich.

"Spät begonnen, aber schnell aufgeholt", kommentierte die Neue Zürcher Zeitung im Herbst 2004 die jüngsten Bemühungen der Schweizer Hochschulen, im Wissens- und Technologietransfer Fuss zu fassen (NZZ, 3.9.2004). Nachdem kommerzielle Aktivitäten von Professoren oder Institutsleitern lange Zeit verpönt waren, liegt auch an den Schweizer Hochschulen spätestens seit den 1990er-Jahren ein aktives Technologiemanagement im Trend. Die ETH beispielsweise verfügt seit Ende der 1980er-Jahre über ein Büro für Technologietransfer, seit 1994 bestehen ETH-eigene Richtlinien für die wirtschaftliche Verwertung von Forschungsergebnissen. Geregelt werden die Förderung von Spin-off-Unternehmen, die Vermeidung von Interessenkonflikten im Verkehr mit Dritten, die Handhabung von Erfindungen und Know-how sowie die Verteilung von Einkünften aus Patenten und Lizenzen. Vorreiterfunktion für die neue Kooperationsbereitschaft zwischen Wissenschaft und Wirtschaft haben einmal mehr die USA, wo akademisches Wissen seit längerem im grossen Stil in industrielle Technologie umgewandelt wird. Nach dem Bayh-Dole-Gesetz von 1980, das es den Wissenschaftlern erlaubte, die Resultate von staatlich geförderter Forschung patentieren und lizenzieren zu lassen, kam es zu einem rasanten Anstieg der Firmen-Neugründungen, insbesondere in den Bereichen der Mikroelektronik und der Biotechnologie.

Allerdings wurde auch vielerorts Kritik laut an der schnell gewachsenen schweizerischen Start-up-Landschaft. Trotz grosser Innovationsleistung – nach jüngsten Erhebungen der ETH-Konjunkturforschungsstelle belegt die Schweiz diesbezüglich immer noch Platz eins in Europa – läuft der Technologietransfer zwischen Hochschulen und Wirtschaft nach wie vor harzig. Kritisiert wird vor allem mangelnde Transparenz und der fehlende zentrale Zugang zu den Projekten an schweizerischen Hochschulen und Forschungsanstalten. Die Wissenschaft gebe sich zwar dynamisch und kooperationsbereit, doch zugleich werden der "Kantönligeist" und die als behäbig geltenden föderalistischen Strukturen reproduziert. Statt einer Bündelung der Kräfte leistet sich fast jede Schweizer Hochschule oder Fachhochschule eine eigene Stelle für Wissens- und Technologietransfer WTT mit eigenen oft semiprofessionell ausgestatteten Büros.

So etwa hatte "ETH transfer", die Technologietransferstelle der ETH Zürich, noch Ende der 1990er-Jahre nur zwei Angestellte. Damals mussten die Forscher ihre Patentanmeldungen noch selber bezahlen, mit Kosten von bis zu mehreren hunderttausend Franken. Inzwischen gibt es nicht nur für Patentanmeldungen finanzielle Unterstützung. Mit Businessplanwettbewerben, Gründer-Sprechstunden, "Lust auf eine eigene Firma"-Kursen wurde das Beratungs- und Infrastrukturangebot für unternehmerisch interessierte ETH-Angehörige in den letzten Jahren gezielt ausgebaut. Bemängelt werden jedoch nach wie vor die Serviceleistungen gegenüber Dritten. "In der Kommunikation unserer Dienstleistungen und Möglichkeiten gegenüber Unternehmen besteht Handlungsbedarf", bestätigte Silvio Bonaccio, Leiter von ETH-tranfer, im September 2004 das noch ausbaubedürftige Dienstleistungsangebot (NZZ, 3.9.2004). Verbesserungen erhofft man sich vor allem von einer Vernetzung der bestehenden WTT-Stellen. Das Projekt "Technovation", der jüngste Versuch, eine zentrale schweizerische Datenbank für Forschungsprojekte aufzubauen, scheiterte jedoch aus politischen Gründen. WTT-Kooperationen zwischen Hochschulen funktionierten bisher erst im kleinen Kreis. Als gelungene Beispiele gelten das "Forschungsportal" der Universitäten Zürich, Bern und Basel oder die "Unitectra", die gemeinsame WTT-Stelle der Universitäten Zürich und Bern mit dem Hauptbewirtschaftungsgebiet Life Sciences.

Monika Burri

   
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