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Die Legitimationskarte

Ursprünglich ein Dokument, das den Aufenthalt in der Universitätsstadt Zürich regelte, entwickelte sich die "Legi" bald zu einer Verwaltungskategorie des Sozialstaats. Sie wurde zum Ausweis des studentischen Lebens schlechthin und steht mittlerweile selbst als inneruniversitäre Kreditkarte zur Verfügung.

Um die Aufenthaltsbedingungen der neu nach Zürich kommenden polytechnischen Schüler zu regeln, führte der Eidgenössische Schweizerische Schulrat am 15. Mai 1855 "Legitimationskarten" ein, die in Zusammenarbeit mit den Zürcher Polizeibehörden und dem Bezirksstatthalteramt erarbeitet worden waren. Die Zugehörigkeit zur Schule wurde über folgende Variablen dokumentiert:

"Herr ...
wohnhaft bei ... N°...
wird in Folge seiner Aufnahme (dd) ... als ... am eidg. Polytechnikum anerkannnt.
Der Direktor: ...
Der Bezirksstatthalter: ... "

(Schulratsverfügungen, SR2:1855, Verfügung des Präsidenten vom 15.05.1855, 38)

Der Ausweis berechtigte nicht nur zum dauerhaften Aufenthalt in Zürich, sondern ermöglichte bald auch spezielle Vergünstigungen. Die wichtigste vertragliche Festschreibung einer gesonderten Behandlung war die im Oktober 1857 eingeführte Krankenkasse für Polytechniker. Sie machte den studentischen Status zu einer eigenen Kategorie in den privaten und später auch staatlichen Systemen der sozialen Sicherung.

Legitimationskarte von Max Zschokke, 1910.
Legitimationskarte von Max Zschokke, 1910.
In Anlehnung an den Vertrag, den die Universität Zürich für "immatrikulierte Studenten" mit dem Kantonsspital abgeschlossen hatte, wurde beschlossen, "von jedem Studenten für jedes halbe Jahr eine Geldleistung von 1,46 Fr." einzusammeln, die Summe zu bewirtschaften und nach dem Solidarprinzip aus diesem Topf alle anfallenden Kosten für Spitalbehandlungen zu zahlen.
Die Spitalpflege verpflichtete sich im Gegenzug, "fortwährend ein Kostgängerzimmer im neuen Krankenhaus zur Aufnahme erkrankter Schüler des Polytechnikums in Bereitschaft zu halten". Bei einem mehr als sechswöchigen Aufenthalt des Patienten war vom Polytechnikum zusätzlich ein Tagessatz von 2,40 Franken zu entrichten. Falls die Studenten Mobiliar beschädigten, "z. B. im Delirium" hätten sie dafür selbst zu haften (Schulratsprotokolle SR2:1857, Sitzung vom 5.3.1857, 14).

Bald wurde der Gültigkeitsbereich der "Legi" weiter ausgebaut. Sie übernahm ausserhalb der Universität in immer grösseren Kontexten die Funktion, ihren Inhabern die Teilnahme am öffentlichen Leben zu  günstigen Konditionen zu gestatten. Stillschweigend wurde damit vorausgesetzt, dass Studieren – ungeachtet der verschiedenen familiären Hintergründe – mit einer vorübergehend finanziell prekären Situation einherging. Die heute völlig selbstverständlichen Theater-, Kino- und Zeitungsaboermässigungen etwa wurden für die Polytechnikumsstudierenden mit einer vergünstigten Reise zur Pariser Weltausstellung 1878 eingeläutet, ein Erfolg, den sich der Vorstand des Vereins der Polytechniker anrechnete: "Es gelang in der Tat dem Vorstande, nicht nur 125 Teilnehmer für die Fahrt zu gewinnen, sondern auch eine Reduktion der Fahrpreise auf der französischen Ostbahn um 50 Prozent, sowie freien Eintritt in die Ausstellung zu erwirken" (VSETH 1913, 14). Der Schulrat hatte dazu einige Muster der Legitimationskarten an den Adjunktanten des schweizerischen Generalkommissärs in Paris zu senden, denn ebenso wie beim Spitalvertrag wurde nicht individuell, sondern nach Status vergünstigt. Die Ostbahn "ne réclame pas la liste nominative des élèves qui profiterons de cette mesure mais elle desire recevoir le plus tôt possible quelques specimens du certificat dont ils seront porteurs, afin de pouvoir donner les instructions" (Schulratsakten, SR3: 1878, Nr. 279, M. Lardy an den Schulratspräsidenten, 26.6.1878).

Der Allgemeine Delegierten-Konvent II der Zürcher Universität und der Verband der Polytechniker arbeiteten in der Folge daran, der städtischen Studierendenschaft die Vorteile einer "Konsumvereinigung" zu verschaffen. Zum Wintersemester 1905/06 gaben sie erstmals die Broschüre "Willkommener Führer" heraus, welche die "Anstalten und Firmen" verzeichnete, die den Studenten bei "Vorweisung der Legitimationskarte und Barzahlung" Rabatt gewährten.

An den datenverwalterischen Aspekt, den die Meldebehörden mit der "Legi" ursprünglich verbanden, wurde dagegen jahrzehntelang nicht weiter angeknüpft. Erst im Rahmen des auf weitere Integration der Verwaltungs-, Betriebs- und Dienstleistungseinheiten abzielenden "Projekts Q", wobei "Q" für das berühmt-berüchtigte Credo "Qualitätsmanagement" steht, kam man auf die Idee, die "Legi" zur Grundlage aller relevanten Hochschuldaten und –Zugänge zu machen. Zu Beginn des Jahres 1998 wurde die elektronische "Legi" eingeführt, die nun, was das Format anbelangt, mit dem Personalausweis der ETH-Beschäftigen zusammenfiel. Auf dem Ausweis sind die "wichtigsten persönlichen Daten" sowie Art der Anstellung bzw. Studienrichtung und Semesterzahl gespeichert. "Ausserdem eignet sie sich als Zutritts-Badge für entsprechend ausgerüstete Gebäude" (ETH-Jahresbericht 1998, 16). Die Bibliotheken druckten ihren Barcode auf die ETH-Karte und man könnte, wenn man wollte, eine cash-Funktion aktivieren.

Datenschutzfragen wurden Ende der 1990er-Jahre kaum gestellt. Hingegen waren sie bereits bei der Umstellung der Administration des Rektorats vom Lochkartensystem auf Computer um das Jahr 1970 relevant gewesen: Den Studierenden wurden ihre Daten zur allfälligen Korrektur zugeschickt, bevor man sie in die Datenbank eingespeiste. Dieser – wohl vor allem symbolisch – transparente Anfang habe offenbar ein Grundvertrauen geschaffen, so der emeritierte Professor für Informatik Carl August Zehnder. Er war damals als Leiter der neu eingerichteten Koordinationsgruppe für Datenverarbeitung KDV für die elektronische Studierendenerfassung verantwortlich (ETHistory-Interview mit Carl August Zehnder vom 7. Juli 2004).

Andrea Westermann

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